Rezension: The Fratellis – We Need Medicine (BMG, 2013).

Ja, liebe Vollberufsnörgler und Vergangenheitsfanatiker, ihr habt recht: Das neue Fratellis-Album ist NICHT „Costello Music“. War auch nicht wirklich zu erwarten und muss auch nicht sein. Aber auch da habt ihr leider recht: Wirklich weltbewegend ist die dritte Scheibe der Schotten auch nicht. Doch auch dies muss sie nicht sein, denn unterhaltend ist das neue Set allemal.

 The_Fratellis_We_Need_Medicine

Zwei Songs stechen gleich beim ersten Hören heraus: „This Old Ghost Town“ mit seiner unverschämt fröhlichen Hookline und „We Need Medicine“ mit seinem erzbanalen Refrain sind auf derart aggressive Weise eingängig, dass sie viele andere Eindrücke sekundär erscheinen lassen. Während sich „This Old Ghost Town“ nach mehrmaligem Hören als wirkliches Highlight des Albums zeigt, verliert der Titelsong schnell an Reiz, wirkt allzu plump.

Richtet man seine Aufmerksamkeit auf den Rest des Albums, so  sind da allerhand Songs, die man in die Kategorie „nicht gut, nicht schlecht, soso lala“ einordnen möchte. Einige weitere Glanzlichter sind aber auszumachen:

Da ist das relaxte, vor metaphorischer Sonnenbrillen-Coolness nur so strotzende „She’s Not Gone Yet But She’s Leaving“, das auch einer Band wie den Arctic Monkeys gut zu Gesichte stehen würde.

Wieder eher auf Fratellis-typischem Territorium bewegt sich „Whisky Saga“. Basierend auf einem prägnanten Akustikgitarren-Groove und einem wildgewordenen Banjo, stampft der Song durch die Gegend, hyperaktiv, atemlos, mit klassisch-rockigem Zwischenspiel.

Und so à propos Classic Rock: „Jeannie Nitro“. Wehmütige Melodie, dazu passende wimmernde Leadgitarre, das Klavier hämmert, die Drums poltern erregt, der Sänger erzählt seine Geschichte, Zwischenspiel und Solo fehlen auch hier nicht. Nicht bahnbrechend, nicht weltbewegend, aber wohl unterhaltend  – einer der Höhepunkte und gleichzeitig eine Zusammenfassung des gesamten Albums.

Zuletzt sei der Schlusspunkt des Albums erwähnt: „Until She Saves My Soul“. Das Klavier darf – wie auf den besten Songs des letzten Albums „Here We Stand“ – eine prominentere Rolle einnehmen. Die Rhythmen sind unwiderstehlich, die Melodie gerade so gut, dass man auf den Text nicht zu achten braucht. Und dann, Freunde des Instrumentalintermezzos, das finale Zwischenspiel. Das beste auf diesem Album.

Gewisse Kritiker ziehen und werden weiterhin über dieses Album herziehen. Es sind die Leute, die anno 2006 in den Fratellis entweder neue Götter des Stadionrock oder aber eine Band von der revolutionären Sprengkraft der Libertines gewittert haben. Sie sind nun enttäuscht, dass die Fratellis „nur“ noch eine Powerpop-Band sind. Dass sie eine richtig gute Powerpop-Band sind, wird dabei leider oft missachtet.

Ich meine: Der Opener „Halloween Blues“ enthält ein gnadenlos unerwartetes Saxofon-Solo, das NICHT cheesy wirkt. Musste auch erst mal hinkriegen so!

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Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/We_Need_Medicine

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