Rezension: Radical Face – The Family Tree: The Branches (Nettwerk, 2013)

Die Band, beziehungsweise das Soloprojekt unter Ben Cooper, namens Radical Face ist wohl für die meisten durch etwas bekannt. Denn ihr Song „Welcome Home“ ist einer der Werbungslieder für einen gewissen Kamerahersteller „Für welchen Kamerahersteller denn?“, fragt ihr euch jetzt vielleicht. Wir nennen den Namen aus Nicht-Werbung-Machen-Wollen-Gründen mal nicht, jedoch werdet ihr ihn, sobald ihr auf das Video klickt so oder so herausfinden 😉 ).

Radical Face - The Family Tree - The Branches

Radical Face – „The Family Tree – The Branches“

Radical Face sind jedoch nebst ihrem Hit “Welcome Home” (CH Charts: 38 / UK Charts: 78) noch weiterhin bemerkenswert und haben dieses Jahr ihr drittes Album “The Family Tree – The Branches“ unter dem Label Nettwerk herausgebracht. Auf der Website des Plattenlabels wird gesagt, Ben Cooper sei ein grosser Freund des Storytelling und mag es demnach in seinen Songs Handlungen zu schildern. Das hier vorgestellte Album ist bereits der zweite Teil einer unabhängig voneinander erscheinenden Trilogie. Das erste hiess „The Family Tree – The Roots“ (= Der Familienbaum, die Wurzeln) und nun sind beim zweiten Werk nicht mehr die Wurzeln, sondern die „Branches“ (= die Äste) des Baums dran. Innerhalb dieser Albenserie entsteht ein Narrativ einer fiktiven Famile aus dem 19. Jahrhundert namens The Northcotes. Cooper geht sogar noch weiter und teilt gewissen Familienmitgliedern der Northcotes-Family sogar jeweils ein Instrument zu!

Die erste Single-Auskoppelung des neuen Albums hat auch etwas mit Ästen zu tun, sogar mit heiligen! Sie heisst „Holy Branches“. Innerhalb des Songs wird ein Porträt einer nicht-in-diese-Welt-hineinpassender Person gezeichnet und gleichzeitig wird die Metapher Mensch – Baum verwendet. Die Analogie Mensch – Baum / oder sogar Mensch – Natur kommt also nicht aus der Mode:

“ (…) But everybody’s bones are just holy branches
Cast from trees to cut patterns into the world
And in time we find some shelter
Spill our leaves and then sleep in the Earth (…) ”

(= Jedermanns Knochen sind bloss heilige Äste,
Ausprägungen von Bäumen, die Muster in die Welt zu schneiden
Und in Zeiten der unsrigen Schutzfindung
Verschütten wir Blätter und schlafen in der Erde)

Das Album gräbt sich also tief in existenzielle Gedanken hinein und schaufelt sich thematische philosophische Äste, über die es sich nachdenken lässt. (Wie auch über diesen Satz??) Die Folk- und Alternativmusik tut bei solchen Themen ihr übriges zur allgemeinen Bewusstseinserinnerung unserer momentanen Existenz. Solche Themen wirken schwer und werden im Alltag oft tunlichst umgangen.

Die Musik ist geprägt durch feine Drums und sich durchziehende Piano-Läufe. welche die vorangehend erwähnte textliche Schwere aufzuheben vermögen. Fleet Foxes und The Shins sind musikalisch tangiert, obschon Radical Face radikaler auf Geschichtenerzählen und zum Teils auch Countryelemente setzt. Die Geigen in „Summer Skeletons“ und die Sanftheit des Songs könnten schnell mal die „too much“ Grenze erreichen. Gleichzeitig kommt man irgendwie dennoch nicht drum herum, die Musik schön zu finden. „The Mute“ ist ein schönes Lied mit plänkernden Gitarrenklängen und einer schönen Sängerstimme, die eine passable Melodie singt. Von Monstern und Menschen scheint hier beinahe ein bisschen erzählt zu werden. (Got it? Okay, ein bisschen plump…)

Fazit: Ein hübsches Folkalbum, das sich bei einer „Was soll ich einstellen, wenn Gäste da sind, deren Geschmack man nicht so gut kennt“ anbietet. Und bei Sonnenuntergängen, Kaminabenden – als ob die Musik nicht schon genug wäre…
Note: 6 / 10

Wir beenden diesen Beitrag mit dem schönsten Lied von Radical Face. Text und Musik.
Radical Face – Ghost Towns

“ (…) I see more places than I can name
And over time they all start to look the same
But it ain’t that truth we chase
No, it’s the promise of a better place

But all this time
I’ve been chasin‘ down a lie
And I know it for what it is
But it beats the alternatives
So I’ll take the lie (…)“

KEEP BUZZIN‘

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